
Trends fürs neue Jahrzehnt
- Willkommen im synthetischen Jahrzehnt
- KI-as-a-Service
- Roboter, übernehmen Sie
- Home und Office Automation erreicht den Mainstream
- Digitale Emissionen…
- … und Ende des Vergessens
- Zeitalter der Bewertung
- Eine neue Vertrauenswirtschaft entsteht
- Augmented Reality für jedermann
- Auswirkungen von Covid-19
- Mehr Sorge um die Mitarbeitenden
Die Forscher des Future Today Institutes und von Cloudflight/Crips Research haben ihre Prognosen für unser künftiges, technologiegetriebenes Leben und Arbeiten veröffentlicht.
Mensch, Gesellschaft, Ökonomie und Umwelt befinden sich im Wandel und beeinflussen somit signifikant, welche Technologie-Trends uns in den kommenden Jahren erwarten werden.
Die Zukunftsforscher des Future Today Institute (FTI) veröffentlichen regelmässig ihren «Tech Trends Report», in dem wirtschaftliche sowie gesellschaftliche Bereiche untersucht werden, die auf Technologien, respektive unseren Umgang mit eben diesen Einfluss haben. Die 13. Ausgabe des Reports ist mit 366 Seiten so umfangreich wie noch nie. Hier einige der interessantesten Ergebnisse zusammengefasst:
Das kommende Jahrzehnt wird durch künstliche Kopien, egal ob analog oder digital, bestimmt. Halten Sie sich bereit, Ihren digitalen Zwilling kennenzulernen lautet denn auch die Überschrift dieses Kapitels. Bei einem digitalen Zwilling handelt es sich um eine virtuelle Kopie eines existierenden Produktes in der physischen Welt. Sprich, eine Kopie eines echten oder potenziell physischen Gegenstücks: vom Gerät, über einem Prozess, einem System, einem Ort sogar bis hin zu einem Lebewesen. Theoretisch zumindest.
Schon heute lassen sich mit digitalen Zwillingen beispielsweise Geräte Wartungen durchführen. Vorausgesetzt, es besteht eine Verbindung zwischen dem physischen und dem virtuellen Modell, welche durch Echtzeitdaten ermöglicht wird. Für Unternehmen stellen sich in diesem Zusammenhang Fragen wie beispielsweise diese: Wie reagieren die Kunden auf diese neuen künstlichen Produkte oder müssen virtuelle Assistenten ethischen Regeln folgen?
Künstliche Intelligenz (KI) und Datenverarbeitung treiben derzeit die Technologie und Wirtschaft am stärksten an, siehe auch unsere Artikel Künstliche Intelligenz Teil 1 und Teil 2. Die entsprechenden Technologien sind schon weit fortgeschritten, viele Unternehmen nutzen sie jedoch noch zu wenig oder können sich zumindest kein eigenes KI-Team leisten.
Daher werden Plattformen und Apps, die KI und Datenverarbeitung als Service anbieten immer relevanter. Laut FTI-Bericht werden sie in Zukunft noch mehr an Einfluss gewinnen. Vor allem die App-Entwicklung ohne Programmierkenntnisse (Low Code/Now Code) soll in den nächsten Jahren ähnlich wichtig werden wie zuvor die Cloud-Services, so die Forscher. Chancen bieten sich für Anbieter derartiger Services und Dienstleistungen – v.a. mit Fokus auf spezielle Branchen oder Unternehmensgrössen – gleichermassen wie für Unternehmen, um ihre Daten klug einzusetzen und Prozesse zu optimieren.
Cloud-basierte Roboter werden laut FTI bald in einer Vielzahl von Unternehmen eingesetzt und die Vorteile von prädiktiver Analyse und physischer Umsetzung vereinen. Längerfristig wird dieser Trend grossen Einfluss auf die Mitarbeiterzahlen und die Arbeitsplatzgestaltung haben. Zum jetzigen Zeitpunkt gilt es, eine sichere Zusammenarbeit zwischen Mensch und Roboter zu gewährleisten. In ferner Zukunft werden Fabriken und Lager aber sicherlich völlig autark arbeiten.
Auf jedem Tisch eine Alexa und in jeder Garage ein autonomes Auto? Für die Forscher des FTI keine Zukunftsmusik mehr. Heute werden durch KI gesteuerte digitale Assistenten, Heimsicherheitssysteme und sprachgesteuerte Mikrowellen für die Massen hergestellt und zu erschwinglichen Preisen angeboten. Hersteller und grosse Technologieunternehmen werden überzeugende Argumente vorbringen, warum unsere Häuser und Büros mit Sensoren, Kameras und Mikrofonen ausgestattet sein sollten.
Die Netzwerkinfrastruktur der nächsten Generation wird diese Einführung noch beschleunigen. Laut FTI-Einschätzung soll der globale Markt bis 2025 mit diesen Technologien 214 Milliarden US-Dollar erreichen. Fragen, wie ‘welches System steuert alle diese Geräte und was passiert mit den gesammelten Daten’ werden dabei öffentliche Debatte auslösen.
Jeder von uns streut im Laufe seines Lebens unfassbar viele Daten in die Welt. Nicht nur beruflich, vor allem im Privatleben sammeln wir immer mehr Daten an und geben diese – bewusst oder ungewollt – an die verschiedensten Anbieter heraus. Diese digitalen Emissionen, wie sie die Zukunftsforscher nennen, verursachen zwar keine Umweltschäden wie unser CO2-Ausstoss, bergen aber gleichsam Fortschritt und Gefahr.
Grosses Potential, vor allem für Unternehmen, liegt in der Auswertung und Analyse dieser Daten. Datenschutz und Transparenz spielen dabei aber eine entscheidende Rolle. Nutzer müssen ein besseres Bewusstsein dafür entwickeln, wem sie welche Daten zur Verfügung stellen. Unternehmen müssen ihrerseits gute Gründe vorbringen, ins Heiligste ihrer Nutzer, ihrer Privatsphäre, einzudringen.
Nach einem Jahrzehnt der Veröffentlichungen von Fotos, Videos und schriftlichen Nachrichten in sozialen Netzwerken und Medien, ist jetzt auch klar, dass unsere jüngste Geschichte bis weit in die Zukunft hinein für alle sichtbar im Netz bestehen bleiben wird. Es ist nicht möglich, unsere Vergangenheit zu löschen. Zwar gibt es mittlerweile als Internetgesetz ‘Das Recht auf Vergessen’, ein Entscheid des europäischen Gerichtshofs zugunsten Google zeigte aber, dass es für Nutzer viel schwieriger wird, negative, private oder irreführende Informationen über sich selbst, aus der Internetsuche zu entfernen.
Jeder, der heute lebt, wird permanent gescannt, be-, aus- und gewertet. Das Zeitalter des algorithmischen Determinismus hat definitiv Einzug in unseren digitalen Alltag gehalten. Durch die Daten, die wir täglich sammeln und austauschen, werden Algorithmen gefüttert, die bestimmen, welche Produkte wir kaufen, ob wir ein Sicherheitsrisiko darstellen, einen Kredit, eine Wohnung oder einen Job bekommen oder eben nicht. Den meisten ist bis dato nicht bewusst, wo sie in welchem Ausmass ausgewertet werden. Sowohl die Politik als auch Unternehmen müssen sich damit auseinandersetzen, welche rechtlichen und ethischen Konsequenzen der Einsatz von Bewertungsalgorithmen haben.
Einer der interessantesten Trends im Report dürfte das Entstehen einer neuen Vertrauenswirtschaft sein. Im Zuge von gefälschten Videos und anderen manipulierten Inhalten entsteht ein neues Ökosystem, das dem Vertrauen gewidmet ist. Im Zeitalter von KI und Datenanalysen werden Aufbau, Bewertung aber auch mögliche Manipulation von Vertrauen einen grösseren Stellenwert einnehmen, als bisher. Je einfacher sich Webinhalte manipulieren lassen oder Fake News bewusst eingesetzt werden, um ganze Zielgruppen zu steuern und Meinungen zu beeinflussen, hat dies massive Folgen auf das generelle Vertrauen von Menschen in Unternehmen, Politik und Medien.
Wenn künstliche Intelligenz vom Nutzer nicht mehr als solche wahrgenommen wird, kann das schwerwiegende ethische und rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ein Beispiel dafür sind Sprachassistenten, wo der Benutzer schon heute manchmal nicht mehr unterscheiden kann, ob er mit einem echten Menschen oder einem Bot kommuniziert und Verträge abschliesst. Unternehmen müssen hier transparent agieren, um einen Vertrauensverlust zu verhindern.
Augmentation – Ergänzung durch visuelle und auditive Eindrücke – soll gemäss den FTI-Forschern bald in unser aller Alltag Einzug halten. Vom Kopfhörer, über den wir Anweisungen erhalten, bis zur intelligenten Brille, zum Beispiel Google Glasses, die in der Industrie bereits eingesetzt werden. Visuelle oder auditive Augmentation kann aber nicht nur durch erwähnte Geräte erzeugt werden, sondern wird künftig auch durch Smartphone-Apps aus der Spielwelt heraus ins Geschäftsleben übergehen, sind die Forscher sicher.
Schaut man sich die «Crips Research Trends 2020» an, so sagt dieser für unsere Breitengrade aus, dass der Virtual Reality der Durchbruch beim Konsumenten kurz bevorsteht. Augmented Reality sich hingegen vorerst nur bei grossen Industrieunternehmen verbreiten werde. Allerdings soll sie 2020 vollzeit-tauglich werden, weil Einschränkungen wie ein zu grosses Gewicht technisch überwunden werden. Die breite Adoption findet aber erst 2021 statt.
Auch den Folgen der Corona-Pandemie haben sich die Zukunftsforscher gewidmet. Nach Lockerungen und einem langsamen Übergang in ein einigermassen normales (Geschäfts)leben wie wir es vor Corona kannten, drohen nun im Herbst/Winter 2020 wieder neue Restriktionen. Mit Covid-19 haben sich die strategischen Prioritäten von Unternehmen bereits jetzt signifikant verändert (siehe Artikel Zurück auf Start nach Covid-19).
Die Krise hat gezeigt, dass das virtuelle Arbeiten viele Unternehmen noch vor grosse Probleme gestellt hat, es aber künftig eine viel grössere Rollen spielen muss und wird. Digitale Kanäle müssen ausgebaut werden, um Kunden bei der Stange zu halten. Auch inhouse müssen die verschiedenen Unternehmensbereiche besser verknüpft werden, um effizient miteinander arbeiten zu können.
Zur Studie
Das Future Today Institut hat mit dem neuen «Tech Trends Report» (Ausgabe 13) für 2020 seinen bisher umfangreichsten Bericht veröffentlicht. Anstatt nur die zehn wichtigsten Technologietrends für 2020 anzubieten, haben die Forscher ein breites Spektrum an Forschungsergebnissen analysiert. Ganze 406 strategische Technologietrends – 28,8 Prozent mehr als im Vorjahr – sind darin ausführlich analysiert. Eine möglichst breite Sicht auf Technologietrends soll dabei helfen, um die Ecke zu denken und aufkommende Probleme rechtzeitig zu erkennen.
Um die technologische Visionen zu fördern und Innovationen im Voraus zu erkennen, wurden verschiedene neue Bereiche abgedeckt, wie synthetische Medien, algorithmisches Scoring, Lieferkette und Logistik, synthetische Biologie, Quanten- und Edge-Computing sowie der Einstieg von Big Tech in Gesundheitswesen und Medizin. Natürlich werden auch alle üblichen Trendbereiche wie KI, Blockchain, Hausautomation, AgTech und die weltweite Versorgung mit Lebensmitteln, Geopolitik, Klimawandel, Robotik, Weltraum, Kryptowährungen, autonome Fahrzeuge und vieles mehr behandelt.
Der komplette Bericht in Englisch ist unter diesem Link abrufbar.
In der Schweiz kommt der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden eine zentrale Rolle zu. Laut Salesforce, das 100 Führungskräfte von Schweizer Firmen mit mehr als 250 Mitarbeitenden zur digitalen Transformation befragt hat, bedarf es neuer Arbeitspraktiken und neuer, digitaler und emotionale Kompetenzen sowohl von Führungskräften als auch Mitarbeitenden. 70 Prozent der Befragten wollen ihre Mitarbeitenden fortlaufend weiterbilden und in Trainings investieren. Für die Führungskräfte stehen im Rahmen der digitalen Weiterentwicklung ihres Unternehmens das Engagement der Mitarbeiter (34 Prozent) sowie die Zusammenarbeit (36 Prozent) im Fokus. 36 Prozent wollen zudem mehr in IT-Sicherheit investieren.
Zudem habe die Pandemie gezeigt, dass es für zwei Drittel schwierig war, im virtuellen Raum Teams zu bilden und die Moral ihrer Angestellten aufrecht zu erhalten. Ebenfalls besorgt ist jeder Dritte um die Gefahr eines Burnouts gewisser Mitarbeitenden, weshalb einige Befragten künftig vor allem in der Neugeschäft-Akquisition und im Kundenservice externe Anbieter beschäftigen wollen.
Fazit
Die Erwartungen der Menschen, die wirtschaftliche Lage, auch bedingt durch die Corona-Pandemie und ein wachsendes Bewusstsein für den schlechten Zustand unserer Erde, erfordern neue Strategien für den Einsatz und Erfolg von Technologien. Trends aus den Bereichen Internet der Dinge, Künstliche Intelligenz, Augmented und Virtual Reality gewinnen an Gewicht und werden zunehmend kombiniert eingesetzt. Als wichtigste Wahl zur Nutzung neuer Anwendungen hat sich die Cloud-Architektur erwiesen.
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