
Freelancer bestimmen den Preis
Für 2019 ist mit einer spürbaren Veränderung der Stundensätze zu rechnen, wie die aktuelle GULP Freelancer Studie zeigt. Zwar hat sich das Pricing der Schweizer IT- und Engineering-Freelancer einigermassen eingependelt: 55 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, ihr momentanes Pricing beizubehalten. Der Rest will jedoch seine Forderungen beim nächsten Projekt anpassen.
Genauer: Eine stolze Mehrheit von 90 Prozent wird in künftigen Projekten die Stundensätze anheben. Nur rund 5 Prozent gedenken den Stundensatz zu senken. Rund 25 Prozent wollen den Satz um bis zu 5 Prozent nach oben schrauben, mehr als ein Drittel planen eine Erhöhung um bis zu 10 Prozent, weitere 30 Prozent wollen ihren Tarif gar um mehr als 10 Prozent steigern. Vornehmlich die Freelancer aus der Gruppe der 50-59-Jährigen plant die Sätze anzuheben.
Die Zahlen sehen auf den ersten Blick nach ständig steigenden Stundensätzen aus. Fakt ist aber auch, dass Rund ein Drittel der Befragten, deren Stundensatz sich im aktuellen Projekt im Vergleich zum Vorprojekt geändert hat, diesen nach unten angepasst hatten. Wenn er im Folgeprojekt wieder ansteigt, erreicht er möglicherweise nur wieder das Level des vorletzten Projektes.
Aufgrund des Fachkräftemangels im IT- und Ingenieurssektor wird der Schweizer Markt in vielen Bereichen eine derartige Erhöhung mit Sicherheit mitmachen. Dafür spricht auch, dass im wichtigsten ausländischen Rekrutierungsmarkt Deutschland zurzeit ähnliche Tendenzen festzustellen sind. Dass der Trend bei den Stundensätzen nach oben zeigt, spiegelt sich auch in jenem Preis wider, den die Freelancer verlangen würden, wenn sie ihr letztes Projekt heute noch einmal offerieren müssten: Für die exakt gleiche Arbeit unter denselben Bedingungen würden sie ihren Stundensatz heute im Schnitt um 6,5 Prozent erhöhen.
Berufseinsteiger versuchen oft über tiefe Preise neue Kunden zu gewinnen und im Markt Fuss zu fassen. Preissensitive Kunden werden sicherlich gerne bei diesen vergleichsweise günstigen Angeboten zugreifen. Um als Freelancer über die Runden zu kommen, muss der Stundensatz oft nach relativ kurzer Zeit nach oben korrigiert werden. Hier tun sich bestehende Kunden manchmal schwer, höhere Stundensätze zu akzeptieren. Ein gutes Argument in Verhandlungen um höhere Stundensätze haben hingegen Schweizer Spezialisten die erst den Schritt in die Selbstständigkeit wagen, nachdem sie als Festangestellte ausreichend Berufserfahrung gesammelt haben.
Die meisten unserer Studienteilnehmer gehen bei der Veranschlagung ihres Stundensatzes denn auch pragmatisch vor: Sie greifen auf ihre Erfahrung aus vorangegangenen Projekten zurück und orientieren sich am Marktwert unter Berücksichtigung von Nachfrage, Skills/Kompetenzprofil sowie Projekterfahrung. Nur 12 Prozent lassen sich den Stundenansatz vom Auftraggeber und knapp 7 Prozent vom eigenen Lebensstandard diktieren. Einen Stundensatzkalkulator nutzen hingegen nur magere 4 Prozent.
Fazit: Viele ICT- und Engineering Freelancer befinden sich in der erfreulichen Position, ihren Auftraggebern die Stundenansätze diktieren zu können. Die vorliegenden Zahlen deuten darauf hin, dass dies auch in naher Zukunft so bleiben dürfte. Der Markt ist noch längst nicht gesättigt und wird mit Sicherheit noch die eine oder andere Preiserhöhung schlucken. Wie Freelancer an ihre Projekte kommen und welche Stolpersteine sie dabei aus dem Weg räumen müssen, lesen Sie im Folgeartikel Anfang August.
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